Sandras Reise Teil 2: Und dann war es wie nach Hause kommen.


Das große Paket habe ich fast schon ehrfürchtig geöffnet.
Habe druidische und schmanische Klänge gestartet, weil es mir so passend erschien, und habe das große Anprobieren des liebevoll verpackten Stapels begonnen. Und wie war es, das erste Anziehen? Ich war ein bisschen aufgeregt: „passt alles? Ist es wirklich so großartig, wie ich mir das ausgemalt habe?“
Und dann war es wie nach Hause kommen. Anlegen, nie mehr ablegen. Schon mit dem allerersten zufällig kombinierten Outfit habe ich gewusst, das bin ich. Ganz stark gefühlt. Dann eine Kombination für diesen ersten Tag zurechtgelegt. Beim Griff nach einem Shirt unter den Pullover streift mein Blick zufällig einen Hoodie, der meiner umfangreichen Ausmist-Aktion nicht zum Opfer gefallen ist. Noch nicht. Denn schon der Blick darauf offenbart ein … Abwehrgefühl. In diesem Augenblick fühlte es sich an, als würde ich dieses alte Kleidungsstück nie wieder tragen wollen.  

Erster Tag.


Der Morgen: Zunächst wusste ich nicht so richtig, wo vorne und hinten ist, ob es vorne und hinten überhaupt gibt. Dann streifte mich der Gedanke: Geht es nicht genau darum? Um das Loslassen von Vorgaben, von Konventionen, von „So gehört sich das“? Es geht doch um Transformation, vielleicht muss und darf da alles mal auf den Kopf gestellt werden, bevor Ruhe einkehrt. Und schließlich habe ich den Einstieg dann doch ganz leicht gefunden.

Der Vormittag: am Schreibtisch, wie meist. Klappte vorzüglich in Reka und Smoliin, weil absolut gar nichts einschneidet oder kneift oder mir die Luft nimmt. Musste mich nur an das viele Material um mich herum gewöhnen, was schön ist, weil so fließend und dynamisch – aber ich räumte Dinge von Regalen.


Weil ich sie nicht ausziehen mag. 

Der Nachmittag: Dieser erste Tag, an dem ich das neue alte Ich so bewusst nach draußen kehren wollte, bedurfte besonderer Maßnahmen. Kurzerhand - die Freuden der Selbstständigkeit - hinaus in die Kälte und bei 0 Grad und eisigem Wind zum Friseur geradelt. Pony schneiden, bitte; mehr gibt’s für meine Dreadlocks dort nicht zu tun. Damit ich auch auf dem Kopf wieder aussehe wie ich selbst. Check: Radfahren ging. Ging sogar gut! Weil eben nichts eng ist und nirgendwo drückt und zieht und zerrt. Gemütlich und warm saß ich mit Merino-Oberteil und dicker Hose auf dem Sattel (und Wintermantel drüber, klar). Deshalb nach dem Friseur noch wagemutiger weiter zum neuen Optiker. Noch nie dort gewesen, und was sagte der mich betreuende Mensch? „Du hast Dreads und trägst außergewöhnliche Klamotten, du brauchst was Besonderes.“ –– „Du trägst außergewöhnliche Klamotten.“ Wow.

Ich habe sie nicht gemacht, ich habe sie nur angezogen, aber: Dieser Satz machte mich froh, und ein bisschen stolz. Auf mich und meine gute Entscheidung, und auf „meine Designerin“. Für mich war es völlig neu, dass jemand das zu mir sagt, OBWOHL ich nicht bonbonbunt trage. Er hat meine Kleidung und mich gesehen, nicht blendende Knallfarben, und hat diesen Satz gesagt. Das hat mich mehr berührt, als ich gedacht hätte. Muss ich also gar nicht so dick auftragen? Schrill sein? Ich mag’s ja, aber … es fühlte sich zuletzt zu viel an. Gut, dass ich losgelassen habe.

Der Abend: Ich sitze gemütlich im Wohnzimmer. Mit dem Outfit, das ich heute morgen angezogen habe. Von wegen „abendlicher Wechsel in Gemütlichkeitshose und Hoodie“. Reka und Smoliin. Weil ich sie nicht ausziehen mag. Was für ein toller erster Tag.


Haette nicht gedacht, dass Kleidung das kann. 

Wochenende, Markttag. Jeden Samstag fahre ich mit dem Rad zum Markt, auch diesmal. In Kaethe? Nein, in Jeans. Und mit seltsamem Gefühl. Fast verkleidet. Warum Jeans? Weil es deutlich zu kalt war für Rock oder dünne Leinenhose, und weil ich Angst um die guten Stücke hatte, auf dem Rad und mitten in Karotten und Äpfeln. Aber ich fühlte, dass das so nicht mehr richtig ist. Beim nächsten Mal bin ich mutiger.

Am Montag dann der erste Tag in Akrin Valohk. Was für eine Kraft dieser mutige Wächter hat und gibt! Hätte nicht gedacht, dass Kleidung das kann. Akrin Valhok kann. Was er wohl noch kann? Ich fühle mich darin zu allem fähig.

Was das Wochenende außerdem brachte: „Ein bisschen Büro aufräumen“, was am Samstag eskalierte zum ganz großen Rauswerfen. Loslassen, immer mehr loslassen. Abi-Klausur Deutsch? Ich bitte dich, Sandra. Tanz-Wertungsbügen Bronze bis Super-Goldstar Rang 2? Ich lachte, laut. Und warf weg, warf ab. Immer leichter will ich werden.

Mitten in der Woche setzte dann etwas ein. Das Band verstärkte sich. Akrin Valhok trug ich jetzt schon anders als zu Beginn. Stolzer? Vielleicht. Ich bewegte mich sicherer darin, wusste jetzt, wie der starke Stoff reagiert, setzte das bewusst ein, um mir selbst Ausdruck und meinen Worten Nachdruck zu geben. 

Tolles Gefühl!


Nach der anfaenglichen Euphorie des Neuen hat ein tieferes Gefuehl eingesetzt. 


Mitte Februar:

 Seit 26. Januar trage ich Kaethe, und sie trägt mich durch die Zeit. Es gab seither keinen einzigen Tag, an dem ich nicht wenigstens ein Teil meines ureigenen Fells an mir hatte, und nur wenige Tage, an denen ich anderes dazu trug. Wurde es mir langweilig? Kein Stück. Ich fand und finde Vergnügen daran, immer neu zu kombinieren. Gestern war Reka mein Lieblingsteil, heute ist es Akrin Valhok, übermorgen Lenke. Nach der anfänglichen Euphorie des Neuen hat ein tieferes Gefühl eingesetzt. Angekommen, nicht mehr aufgeregt immer Neues suchend.


 Wie eine zweite Haut

Anfang März.

Lust auf Frühling. Ich habe begonnen, mutiger zu kombinieren, jetzt, wo Akrin Valhok, Reka & Co. zu mir gehören wie eine zweite Haut. Als wäre es nie anders gewesen, als hätte ich nie anderes getragen. Inzwischen fühlt sich die schrill rosa Latzhose zu bunt an. Kaethes Farbpalette für mich ist dunkler, tiefer, naturverbundener. „Du brauchst etwas, das Dich erdet“, und genau das tut es. Ich bin rausgewachsen aus knallbunten Klamotten, und wachse in Kaethe Maerz. Dabei beherzige ich, was sie mir außerdem mitgab: „Ein unerwartetes, überraschendes Element muss immer Platz haben.“ Hat es, denn ich trage jetzt auch mal neongrün zu Akrin Valhok in dunkel-oliv-waldgrün. Oder Pink zu Lenke. Wie großartig sich das anfühlt! Wie sehr nach mir. Und wie viel Hunger auf mehr es macht.

Das nächste Projekt mit Kaethe beginnt bereits konkret zu werden. Ich habe ihr nahezu freie Hand gelassen – mein Vertrauen war da schon riesengroß."

Sandra Walzer, Confettication

Ein umwerfender
Hosenanzug

Für dich gemacht

Welches Projekt hier konkreter wurde und wie es von der ersten Skizze zum fertigen Gefährten wird?! 
Das zeige ich dir im nächsten Blog! 

Befreie die Wölfin in dir